Verfasst 2008 auf meiner damaligen Homepage; Verfasser: Franz Horn; (Entwurf)
Viel größer war Dorchheim in meiner Kindheit nicht

Und wir waren dabei

Unsere Jugend in den 70ern
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Inhaltsverzeichnis:

1. Und wir waren dabei

Können Erinnerungen Depressionen auslösen?

2. Bilder aus längst vergangenen Tagen

Bilder

3. Zwei Jahre Rennen

Die schönsten jahre meines Lebens?



 Und wir waren dabei

 
Können Erinnerungen Depressionen auslösen?

Objekt der Begierde Anfang der 70er
Das eiserne Kreuz für Motorradfahrer
 Unsere Idole fuhren Kreidler Florett RS, Zündapp KS50 Super Sport, Hercules K50 Super Sport und nicht zuletzt Maico MD50 (Drehschieber,6 Gang Ziehkeil und der 125er Motor passte in die 50er). Die magischen Eckdaten waren 50cm³ und 6,25PS wobei meine Kreidler nur 5,8PS hatte, was nicht gerade meinem Selbstbewusstsein förderlich war. Als wir in die 50er Liga aufgestiegen waren fuhren unsere Idole Honda 750 Four, Yamaha RD350, Kawasaki 500 H1 Mach3, weniger BMW. Manche fuhren sogar Rennen (mit 500er BMW!). Es tat schon weh genug wenn Peter Maffay von der R90 unter ihm sang, hätte es nicht eine 900er Kawa sein können. Nicht wenige sind allzu früh verstorben weil ein Seitenständer das Motorrad aushebelte, ein Traktor im Weg stand oder man einfach sein fahrerisches Können oder/und das Potenzial von Fahrwerk und Bremen seiner Maschine überschätze. Nicht zuletzt die Versicherungsreglung nach cm³ und nicht nach PS schaffte leichte Motorräder mit hoher Literleistung. Wer 5 Jahre lang, jedes Jahr im Januar mit dem Motorrad, auf dem Elefantentreffen am Nürburgring zeltete und die dementsprechenden Abzeichen auf seiner Jacke aufreihte, der war sich unserer grenzenlosen Bewunderung sicher.

Unsere Superhelden: Ago, Phil und Jarno
Soili, die Ehefrau von Jarno! Eine Frau für alle Fälle. Wer so die Rundenzeiten angezeigt bekommt, fährt natürlich entfesselt.
 Unsere Helden Jeder kannte Mike Hailwood, Phil Read, Giacomo Agostini, Barry Sheene, Johnny Cecotto, Jan de Vries und nicht zuletzt unser aller Idol, der in Monza 1973 tödlich verunglückte, Jarno Saarinnen. Die auf Tonträger gepressten Klänge von Helmut Fath's URS und der BMW von Klaus Enders konnten jede Party bereichern. Formel 1 war eher etwas für Warmduscher auf 4 Rädern. Die absolute Spitzenklasse war eine Klasse mit 750ern Zweitaktern, die Formel 750. Wir kannten Wege in Spa-Francorchamps die uns sehr günstigen Einlass zur Strecke bescherten und kamen auch günstig in das Fahrerlager von Hockenheim oder vom Nürburgring. Mit einem Freund und 200Liter Heizöl im Kofferraum, handlich abgepackt, schafften wir es bis nach Le Mans zum Grand Prix und nicht zu vergessen: unsere Helden fuhren noch in der grünen Hölle und auf der Isle of man gab es noch einen offiziell ausgeschriebenen Grand Prix. Einen 60zig Sitzer Bus zum Weltmeisterschaftslauf nach Belgien, mit fanatischen und rennbegeisterten Motorradfans zu füllen, ist für ein 700-Seelen-Dorf schon beachtlich.
1980 Nürburgring Mang und Ekerold copyright Winni Scheibe
 Nur einmal wurde der Zusammenhalt dieser Clique empfindlich gestört. 1980 ging es auf der Nordschleife des Nürburgrings, im letzten Lauf der 350ccm Klasse, um den Titel zwischen Jon Ekerold und Anton Mang. Wer gewinnt ist Weltmeister. Während die Mehrheit den Deutschen als Sieger sehen wollte, gab es eine Minderheit die dem Privatfahrer und oft vom Schicksal gebeutelten Jon Ekerold, leidenschaftich den Sieg wünschten. Wer dieses Rennen gesehen hat, wird es nie vergessen "und wir waren dabei". In einem Sagenhaften Fight gewann Ekerold und wurde, als einziger Fahrer in der Geschichte der 350er, Weltmeister ohne jegliche Werksunterstützung. Übrigens: Ein Sohn von Jon, Stefan Ekerold, startete 2018 für das Westerwälder KTM Sarholz Racing Team mit Sitz in Niederroßbach bei Rennerod (Motocross).


 Unsere Musik CCR, Rattles,Deep Purple, Black Sabbath, Sweet, Led Zeppelin, Uriah Heep, Hollies, Slade, Suzi Quadro, Neil Diamond, David Cassidy, Golden Earring und nicht zuletzt Peter Maffay und Udo Lindenberg. Das 1969 von Jane Birkin gestöhnte "Je t'aime moi non plus"

wurde zwar von keinem Sender gespielt durfte aber später auf keiner Party fehlen (das war Revolution). Die eigene Revolution vom Hitparade hörenden Teeny zum ausgewachsenen Rockfan ist bei mir, glaube ich, immer noch nicht angeschlossen (manchmal höhr ich alte Schlager).

 Unser Filme waren Lederstrumpf, Spiel mir das Lied vom Tod, Ein Mann sieht rot, Schulmädchen Report, Einer flog übers Kuckucksnest, Easy Rider und Love Story (jede Generation hat so einen Film)

 Unsere Kneipen, Diskotheken und andere Treffpunkte hießen Münchner-Kindl, Wolters, Captn Cook, King George, Las Vegas, Haus Nassau und Schaschlik. Fünf Kneipen und eine Bierhandlung gab es allein in unserem 700-Seelendorf Dorchheim. Günstige Alkoholexzesse gab's an der Hütte, bei Partys und nicht zuletzt in unserer wichtigtsen Anlaufstelle, die Flaschenbierhandlung meiner Großeltern, Adophine und Franz Potsch. Hier saßen wir mit bis zu 25 Leuten in der kleinen Küche uns so manches Mal wurden es Nachts so laut, dass man sich über die Toleranz der Nachbarn nur wundern konnte. Die Öffnungszeiten waren Grenzenlos und Anschreiben an der Tagesordnung und meistens hatten Franz und Adolphine beim Mittagstisch oder beim Abendbrot einige biertrinkende Gäste, die mit am Tisch saßen und ihnen, ohne auch im Geringsten ein schlechtes Gewissen zu haben, beim Essen zuschauten, von wegen Privatsphäre und so.
 In den Kneipen gab es noch viele, die den verlorenen Krieg nicht verdaut hatten und aus dem Wissen von Hitlers Lieblingsspeisen keinen Hehl machten, schließlich war dieser Mann auch einmal durch unseren Ort gefahren und hatte in Diez übernachtet, dass brachte ihm in einer Nachbargemeinde 100% der Wählerstimmen bei 100% Wahlbeteiligung. Die Blutgruppen-Tätowierung, die die SS-Zugehörigkeit dokumentierte, bekammen wir jungen Leute voller Stolz von derren Inhaber präsentiert. Auch untereinander bekamen sich die ehemaligen Kriegsteilnehmer ab und an in die Haare und so wurden wir auch Zeuge wie Opa Franz, in seinem Heim, einen Gast als einen Kettenhund beschimpfte, die den armen Soldaten die Feldpostpäckchen weggefressen hätten. Um eine weitere Eskalation zu vermeiden wurde der leidenschaftliche Kartenspieler und Knobler Franz von meiner Oma sofort ins Bett geschickt! Den Rückzug am Plattensee und Stories aus Russischer Gefangenschaft haben wir uns bestimmt 1000 mal anhören müssen. Wer zur vorgerückten Stunde das Wolgalied oder das Lied vom Polenmädchen nicht mit singen konnte, wurde Mitleidsvoll ignoriert, aber dass waren nicht viele.
Unser erste Hütte, die Kreidler gehörte Kurt G.
 Ausdrücklich möchte ich hier unseren, 2019 verstorbenen, damaligen Pfarrer Werner Hannappel erwähnen, der uns 1972 einen Jugendraum zur Verfügung stellte, den wir mit Kirchengeldern renovieren durften. Dieser Raum war eine echte Bereicherung in unserem jugendlichen Dasein und er könnte auch so manches Lied von verbotener Liebe singen. Unter dem Deckmantel der Christlichen Arbeiter Jugend wurde hier so manches Fest gefeiert. Etliche Male wurden sogenannte Dorfheilige dabei beobachtet, wie sie heimlich das Treiben in unserem Refugium durch die Fensterscheiben beobachteten um dem Pfarrer oder dem Bürgermeister Bericht zu erstatten oder sollte es noch andere Gründe gegeben haben, sich hier die Nasen platt zu drücken?
 Des weiteren muss auch noch der damalige Bürgermeister Theo Simon erwähnt werden, der uns vor den Häschern des Bauamtes beschützte. Hintergrund war eine von uns gebaute Hütte mit Betonplatte und Schlafmöglichkeit im Giebel, die vom Abriss bedroht war. Der Bürgermeister telefonierte mit dem Bauamtsleiter und dort sollen unter anderem die Worte gefallen sein "last mir die Buben in Ruhe, die tun doch keinem was". Wir haben nichts mehr vom Bauamt gehört, dass wäre heutzutage, in unserer heutigen Gesellschaft und bei unserem heutigen Bürgermeister undenkbar.

 Unsere Idiale Auch die Zeit zwischen Pupertät und gesellschaftlich vollwertigem Menschen ist ein lebenslanger Prozess aber ich glaube man war früher nicht so leicht abzuspeisen. Politsche Diskusionen wurden so heftig geführt dass mancher Gastwirt sich vor Diskusionen dieser Art fürchtete. Die Gräben zwischen den Generationen waren noch Gräben. Vieleicht sollte man die Jugend ordentlich unterdrücken, damit sich aus ihnen Diamanten entwickeln können. Gab es nach dem Krieg eine Epoche, in der man die Schaafe so leicht zur Schlachtbank führen konnte wie heute? Bestochene Bertriebsräte, Nutzlose Gewerkschaften, westliche demokratische Staaten die foltern und Kriege die nur geführt werden konnten in dem man erst einmal den Bürger ordentlich belog. Alles wird als von Gott gegeben hingenommen, jeder ist mit sich selbst beschäftigt und ich bin nicht anders. Es muss ja nicht gleich eine neue RAF her, damit Herrschenden wieder etwas bange wird, aber ein bisschen Respekt vor dem Bürger würde der Obrigkeit schon recht gut zu Gesicht stehen.



 Bilder aus längst vergangenen Tagen

 
Bilder
Anders als in der heutigen Zeit sind Bilder aus unserer Jugend Mangelware und so werden auch Bilder in fragwürdiger Qualität hier veröffentlicht.


 Zwei Jahre Rennen

 
Die schönsten Jahre meines Lebens?

Sieg in Kassel-Calden, die Nacht war bitterkalt und als wir am Morgen des Rennens aus dem Zelt schauten, fiel Schnee!
Tiefer geht nicht
Sehr feuchtes Bergrennen und das in der Nacht für diese Kurve vereinbarte Zeichen

Zeitungsartikel von 1980


 Heimische Rennfahrer

Gerd Schuth, 4-maliger Deutscher Meister für Historische Motorräder aus Molsberg, vor seiner Benelli (4-Zylinder, 4-Takte, 1/4 Liter Hubraum) im Fachgespräch mit dem viel zu früh verstorbenen Peter Seck aus Dorchheim.


Heimische Rennfahrer wie Gerd Schuth aus Molsberg oder Jürgen Oppermann aus Dorchheim legten wohl den Grundstein für unser nachhaltiges Interesse an Motorradrennen.
Ende